Die Vorfreude wächst mit!
Interview mit drei Mitwirkenden aus dem ACK
Die »Wachsende Kirche« aus Lindenbäumen und einem mit lebenden Weiden geflochtenen Zaun ist ein in Europa einmaliges Gemeinschaftswerk der evangelischen, katholischen und evangelisch-methodistischen Kirche. Im Interview blicken drei Mitwirkende aus dem Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK) auf die Entstehung des Landesgartenschau-Projekts,seine jetzige Wirkung – und in seine mögliche Zukunft.
Am Zusammenfluss von Nagold und Waldach wächst ein grüner Pavillon als Symbiose aus Technik und Natur, der sich zum Himmel hin öffnet und bis zu 150 Menschen Platz bietet. Das Unikat hat einen Durchmesser von 22 Metern und trägt die Handschrift des renommierten Gartenschau-Planers und Landschaftsarchitekten Prof. Jörg Stötzer aus Stuttgart. In diesem geistlichen Wahrzeichen – größtenteils in der örtlichen Weidenwerkstatt mit natürlichen Materialien gebaut – kann man sich während der Landesgartenschau vom 27. April bis 7. Oktober 2012 zu Gebet, Andacht und Gespräch treffen. Aber auch nach der Großveranstaltung bleibt die »Wachsende Kirche« für kirchliche wie kulturelle Zwecke erhalten.
Herr Ebinger, Herr Jans, Herr Katz: Welche Rolle spielt im christlichen Glauben das Wachsen?
Edgar Jans: Eine sehr wichtige. Glaube hat mit Leben zu tun, und Leben geht nicht ohne Wachsen. Wir hoffen natürlich, dass der Glaube lebendig ist und wächst und gedeiht. Wo nichts wächst, tritt letztendlich Stillstand ein.
Wie spiegeln sich diese elementaren Gedanken in der Installation wider?
Siegfried Katz: Sie sind die Grundlagen des Konzepts, das wir mit Prof. Jörg Stötzer erarbeitet haben. Das Lindenblatt spiegelt die Üppigkeit, Lebendigkeit und Vitalität wider, von denen wir hoffen, dass sie sich auf der gesamten Landesgartenschau ausbreiten – und da die »Wachsende Kirche« eine nachhaltige Anlage ist auch weit über den Ausstellungszeitraum hinaus.
Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt der evangelischen, der katholischen und der evangelisch-methodistischen Kirche innerhalb des Arbeitskreises Christlicher Kirchen (ACK). Hatten die Akteure unterschiedliche konzeptionelle oder ästhetische Vorstellungen?
Thomas Ebinger: Überhaupt nicht. Prof. Stötzer hat ein so fertiges, vollkommenes Konzept präsentiert, dass alle sofort begeistert waren. Eine im wahrsten Sinne des Wortes »runde Sache«!
Wann waren Sie das letzte Mal in der »Wachsenden Kirche« – und wie hat sich das angefühlt?
Thomas Ebinger: Ich bin fast täglich dort, da ich für die Überwachung des Baus zuständig bin. Es ist jedes Mal ein Erlebnis. Für mich ist die »Wachsende Kirche« ein Ort der Geborgenheit.
Siegfried Katz: Ich war erst letzte Woche da. Was mich fasziniert, ist die erholsame Aura. Für mich ist es ein Ort, von dem ich sage: Hier fühle ich mich wohl.
Edgar Jans: Ich bin gerade eben noch kurz vorbeigelaufen. Ich schaue vor allem, was die Weiden machen, ob sie gut wachsen, betrachte das Ganze also eher noch unter dem Arbeitsaspekt als unter dem Wohlfühlaspekt. Davon abgesehen empfinde ich die »Wachsende Kirche« als einen sehr schönen Raum. Meine Vorfreude wächst mit!
Die Installation soll aber nicht nur ein Ort der Ruhe und Besinnung sein, sondern auch des lebendigen Miteinanders …
Siegfried Katz: Das ist richtig. Es werden dort vielfältige Veranstaltungen stattfinden. Geplant ist zum Beispiel eine Gesprächsreihe mit dem Arbeitstitel »Unter den Linden«. Darüber hinaus dient die »Wachsende Kirche« als Veranstaltungsort für besondere Anlässe wie die Jahresversammlung der christlichen Jugenddörfer, den Besuch der Bischöfe zur Eröffnung der Landesgartenschau oder den Tag der Schöpfung, einen deutschlandweiten Aktionstag aller Kirchen, am ersten Freitag im September 2012.
Edgar Jans: Außerdem finden täglich um 12 Uhr ein Mittagsgebet, um 15 Uhr eine »Atempause« sowie um 18 Uhr ein Abendgebet statt.
Thomas Ebinger: Und der Dienstagabend ist für kirchenmusikalische Veranstaltungen vorgesehen.
Wenn Sie einmal 50 Jahre in die Zukunft blicken und sich die »Wachsende Kirche« vorstellen: Was sehen Sie vor Ihrem geistigen Auge?
Thomas Ebinger: Als Förster kann ich sagen: Der Kirchenbau wird auf jeden Fall mit jedem Jahr beeindruckender, da die Bäume ja immer stärker werden. Durch den jährlichen Schnitt bleibt die Form aber erhalten.
Siegfried Katz: Ich fasse das mal in einen Wunsch: Ich hoffe, dass sich der Wir-Gedanke, der sich im Entstehungsprozess manifestiert und gefestigt hat, bis dahin trägt.
Edgar Jans: Da schließe ich mich an: Ich wünsche mir, dass in 50 Jahren die »Wachsende Kirche« ein Symbol für die gewachsene, ökumenische Einheit in Nagold ist.